Mit dem Fahrrad durch Helsinki
Das Fahrrad ist meiner Meinung nach die beste Art und Weise, Helsinki auf eigene Faust zu erkunden. Helsinki war mir vorher nicht als eine Fahrrad-Stadt bekannt, aber ich musste meine Meinung schnell revidieren, denn man kann hier wirklich super Rad fahren. Vor allem in der warmen Jahreszeit ist so ein Drahtesel in der finnischen Hauptstadt mehr als praktisch.
© Visit Helsinki
Auf eigene Faust
Helsinki verfügt über ein gutes Netz an Fahrradwegen, welche insgesamt ca. 1.200 Kilometer umfassen. Zugegeben, einige davon wollen erst einmal gefunden werden, aber das geht schnell. Mit dem Rad lernt ihr die Stadt von einer ganz anderen, einer viel persönlicheren Seite kennen, denn die vielen Fahrradwege führen gerne mal abseits der Hauptverkehrswege zu Orten, die ihr sonst vielleicht nicht sehen würdet. Ein weiterer großer Vorteil, neben der Freiheit selbst entscheiden zu können wohin die Reise geht, ist die Zeit. Ihr seid nicht auf die Linienfahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen und vor allem auf kurzen Strecken deutlich schneller als die Straßenbahnen. Im Zentrum findet ihr zudem gute Möglichkeiten euer Rad an einem der vielen Fahrradständer zu parken, zum Beispiel am Kamppi-Platz an der Mannerheimintie oder am Hauptbahnhof.
Besonders schön ist es bei leichter Meeresbrise die Promenade entlang zu radeln: Vom Marktplatz vorbei am beliebten Park Kaivopuisto bis zur Halbinsel Hernesaari. Spätestens, als ich über die kleine Anhöhe zwischen dem Café Ursula und dem Restaurant Mattolaituri fuhr und sich diese weite Sicht auf den Meripuisto und die vorbeifahrenden Segel- und Motorboote auftat, war ich im Urlaub angekommen. Dann einfach kurz das Rad abstellen, sich auf einen der Felsen oder auf die Wiese setzten und auf das Meer hinaus schauen. Dazu ein großes Eis, oder — typisch finnisch — ein paar Erbsen frisch aus den Schoten essen.
© Nina Müller-Plückthun
Natürlich ist es erst einmal ungewohnt in einer fremden Stadt Fahrrad zu fahren, aber es gibt gute Fahrradkarten, auf denen alle Radwege eingezeichnet sind. Die Karten gibt es zum Beispiel im Pyöräkeskuks, aber auch online. Auch wenn die Bürgersteige, wie beispielsweise auf der Mannerheimintie, recht breit sind, solltet ihr hier besser nicht fahren. Und der parallel verlaufende Radweg ist auch um einiges schöner. Auf dem Weg ins Zentrum führt er vorbei am Olympiastadion, am See Töölönlahti, an der Finnischen Nationaloper und stößt schließlich an der Finlandia-Halle wieder auf die Mannerheimintie. Ihr könnt auch einen kleinen Abstecher zum See und dem Töölönlahdenpuisto machen und anschließend das kultige Arbeiterviertel Kallio besuchen. Mit dem Fahrrad seid ihr schließlich flexibel und spontan.
Helsinki hat sogar einen eigenen Canyon nur für Fahrradfahrer und Fußgänger. Und dieser hat eine interessante Geschichte: Im Jahre 1894 wurde eine Eisenbahnlinie zwischen dem Hauptbahnhof und Länsisatama (dem „Westhafen“) angelegt. Der entstandene Graben ist ca. 7 Meter tief, hat eine Länge von 1,5 Kilometern und hinterließ bei der Stilllegung der Strecke im Jahr 2008 eine klaffende Wunde im Stadtbild. Da ein Abdecken der Schlucht zu teuer war, entschied man sich dazu, Fußgänger- und Radwege anzulegen. Der ursprüngliche Charakter der Eisenbahnstrecke sollte erhalten bleiben und so wurden die dunklen Steinwände restauriert. Die Trasse ist von beiden Seiten zu erreichen und verbindet nun mehr, als das sie trennt. Die Strecke wird übrigens „baana“ genannt und mittlerweile gibt es sogar Überlegungen dieses Prinzip weiter auszubauen.
An der Strecke gibt es übrigens einen Automaten, der jeden Tag die vorbeifahrenden Fahrradfahrer zählt. Es ist also wirklich belegt, dass die Strecke gut von den Radlern angenommen wird!
Nützliche Informationen
Es gibt spezielle Karten mit ca. 30 verschiedenen Routen für Touristen, die an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten vorbeiführen.
Hier könnt ihr euch Fahrräder leihen:
Bim Bim Bikes
Bicyclean Helsinki
Helsinki City Bikes — die neuen Räder der Stadt Helsinki
Und hier bekommt ihr freundliche und kompetente Hilfe bei kleinen Notfällen, Informationen und eine Luftpumpe: Pyöräkeskus (Fahrradzentrum am Narinkka Platz in Kamppi)
Geführte Sightseeingtouren mit dem Rad
Auch der Tourismus hat bereits die Vorteile von Rädern entdeckt und so könnt ihr auch an einer geführten Sightseeingtour mit dem Fahrrad teilnehmen. So eine Tour hat natürlich die Vorteile, dass ihr euch nicht verfahren könnt und nebenbei erfahrt ihr viele über die Stadt.
Hier zwei mögliche Anbieter:
Helsinki Bike Tours
Bike Tours Helsinki
Titelbild: © Jussi Hellsten/ Visit Helsinki
© Jussi Hellsten/ Visit Helsinki
Essen & Trinken
Immer ein heißer Tipp, vor allem in der kalten Jahreszeit, sind die Markthallen Vanha Kauppahalli am Marktplatz, Hakaniemi Kauppahalli in Kallio und die Hietalahti Kauppahalli. Eine klassische Erbsensuppe in einer der Markthallen ist eigentlich Pflicht bei jedem Helsinkibesuch, egal ob es ein verregneter Tag im November oder ein sonniger im Juli ist. Neben den traditionellen Suppen (auch Lachs- und rote Beete-Suppen sind beliebt) könnt ihr hier vor allem frischen Fisch, Fleisch und Backwaren kaufen.
Wer es nostalgisch mag, sollte dem Obergeschoß der Hakaniemi Markthalle einen Besuch abstatten. Hier findet ihr viele kleine Läden mit Kunsthandwerk.
© Nina Müller-Plückthun (Markthalle Hakaniemi)
Die Helsinki Card
Vor allem wenn ihr mehrere Museen besuchen wollt lohnt sich die Helsinki Card. Auch für das Sealife gibt es es Vergünstigungen und die öffentlichen Verkehrsmittel sind auch in der Karte enthalten.
Der Winter kommt
Allen, die den richtigen Winter nicht mehr erwarten können, sei die Kivikko Skihalle empfohlen. Hier könnt ihr euch wetter- und schneeunabhängig schon mal auf den bevorstehenden Winter und die Skisaison einstimmen und eure Fähigkeiten auffrischen und ausbessern. Natürlich ist eine Halle keine Vergleich zu den Weiten der finnischen Winterlandschaft, aber schon mal ein guter Anfang.
Dem Wetter trotzen
Der etwas abgedroschene Spruch „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung!“ ist meiner Meinung nach durchaus wahr. Auch Regen, Wind und Dunkelheit können ihre schönen und faszinierende Seiten haben, wenn man sich darauf einlässt. Dick eingepackt und mit Gummistiefeln ausgestattet ist auch ein Spaziergang entlang der Strandpromenade ein Erlebnis, wenn die Brandung gegen die Felsen schlägt und der Wind keiner Frisur auch nur den Hauch einer Chance lässt.
Außerdem gibt es jede Menge tolle Cafés entlang der Küste, in denen ihr euch wieder aufwärmen und trocknen könnt.
Also, ich denke, dass man auch an einem nassen Tag im November eine unvergessliche Zeit in Helsinki verbringen kann, ohne Abstriche aufgrund des Wetters machen zu müssen
Und zum Thema Schnee:
Dieses Jahr gab es Anfang November schon etwas Schnee, der nun aber leider wieder geschmolzen ist. Der erste Schnee des Winters ist immer etwas besonderes, man möchte wie ein kleines Kind in den weißen Flocken tanzen und ist einfach glücklich, so geht es mir zumindest. Aber der erste Schnee wird in Helsinki bestimmt nicht der letzte dieses Winters gewesen sein!